Vorbeifahren am Tor einer Fabrikhalle in der Dunkelheit. Innen weißes Licht, klare Kompositionen aus vertikalem Weiß und horizentalem Betongrau. Ein gelber Gabelstapler, ein Arbeiter in rotem Overall, beides warm leuchtend in der Helligkeit des weitläufigen Inneren.

Den eigenen Blick in diesem Moment in die Freiheit entlassen bedeutet Befreiung von der Verengung der Sinne, die der Alltag verursacht. Wer alltäglich sieht und hört, der sieht zweckvolle Zeichen und hört Signale mit praktischer Bedeutung.

Eine rote Ampel ist keine Metallskulptur mit rot strahlendem Licht, sondern das Signal zu warten. Die alltägliche Wahrnehmung reduziert die Dinge auf ihre Zwecke und Funktionen und tut den Dingen damit Unrecht. Der selektive, zweckgerichtete Blick behandelt das mit totaler Gleichültigkeit, was am Gegenstand über seine momentane Funktion hinausgeht. Das, was uns an der Welt nicht in unseren Interessen betrifft, wird dadurch häßlich, so daß Fabrikhallen gewöhnlich als häßlich angesehen werden. Häßlichkeit kommt von Gleichgültigkeit und Unachtsamkeit.

Die Befreiung der Wahrnehmung aus ihrer Zweckgebundenheit gibt den Gegenständen ihre sinnliche Würde wieder. Kunst kann allein schon aus dieser Befreiung bestehen. Insbesondere ist der Genuß an der Kunst hier nicht nur der Genuß des sinnlich Schönen, sondern vor Allem die Erleichterung, jenseits der Zweckverstrickungen den Gegenständen ihre Würde lassen zu dürfen und auch die tröstliche Ahnung von einer Kultur der Achtsamkeit, in der die Wahrnehmung der Zwecke und der sinnlichen Qualitäten sich nicht mehr widersprechen.

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